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Die Architektur der Multihalle inspiriert. Ihre einzigartige bauhistorische Struktur zu erhalten und sie im Sinne Frei Ottos in die Zukunft zu entwickeln – dieses Ziel vereint Mannheimer Bürger*innen mit Stadtplaner*innen, Architekt*innen, Kunstschaffenden und Wissenschaftler*innen aus aller Welt.

2021

Das Entwicklungskonzept
der Architekten

Aus dem internationalen Ideenwettbewerb „MULTIHALLE – DEMOCRATIC UMBRELLA“ hat eine Expert*innen-Jury drei Preisträger ausgewählt. In einem anschließenden Workshop wurde die Büros COFO und PEÑA als jene mit dem größten Potential und der höchsten architektonischen Qualität mit der Ausarbeitung eines Entwicklungskonzeptes beauftragt.

Das aktuelle Konzept entwickelte das Büro COFO in Zusammenarbeit mit PEÑA architecture, das Heidelberger Büro W + unterstützte beim technischen Teil des Projekts.

Die Transformation der Multihalle zielt darauf ab, einen dynamischen sozialen Raum zu schaffen, der die Kreativität der Bürger*innen anregt und ihr Wissen erweitert – so wie es Frei Otto und Carlfried Mutschler vor einem halben Jahrhundert beabsichtigt hatten. Das minimalistische Tragwerk der Multihalle wird unter Beibehaltung der Konstruktionsidee restauriert, um ihre frühere Struktur und Offenheit zu erhalten. Die Hallen werden neu „programmiert“, um einen vielseitigen baulichen Rahmen für nachhaltige Entwicklungen zu schaffen.

„Eine optimistische Kulturlandschaft für eine offene Gesellschaft im Einklang mit sich selbst und mit der Natur.“

Guillem Colomer,
COFO Architekten

Orientiert an Frei Ottos Bestreben, Mensch und Natur miteinander zu verbinden, soll die Renovierung die Trennung zwischen Innen und Außen weiter auflösen. Eine neue Membran ersetzt die Kunststoff-Hülle der 80er Jahre und stellt die Transparenz des ursprünglichen Designs wieder her. Elemente, die derzeit die Holzgitterschale unterbrechen, wie veraltete Installationsrohre, werden entfernt.

Die Multihalle wird nachhaltig wiederbelebt, um einen einzigartigen, offenen Raum zu schaffen. Um die Reaktivierung der Multihalle einzuleiten und die Interaktion der Besucher zu fördern, konzentrieren sich die ersten Eingriffe strategisch auf eine diagonale Achse  zwischen der großen Halle und der kleinen Halle mit dem Gastronomiebereich.

In der Haupthalle wird eine Tribüne geschaffen, indem die vorhandenen Betonplattformen mit einladenden Holzbänken ausgestattet werden. Die Bänke dienen auch als Schallabsorber und integrieren die technischen Elemente. Die Geländer werden entfernt, um einen durchgehenden Raum zu schaffen.

Die kleine Halle wird zu einer zweiten Mehrzweckhalle umgewandelt, indem die technischen Räume im Obergeschoss zu Werkstätten werden. Im Erdgeschoss entsteht ein neues Restaurant. Eine Glasfassade schafft fließende Übergänge zwischen Innen und Außen und verstärkt das außergewöhnliche Raumgefühl unter Frei Ottos freitragender Gitterschalenkonstruktion.

Die Multihalle bot zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung zur BUGA 1975 ein einzigartiges, farbenfrohes Erlebnis. Bei der Renovierung wird große Sorgfalt darauf verwendet, diese ursprünglichen Eigenschaften wiederherzustellen – bis hin zu Details wie den Original-Farben und Elementen wie Stühlen oder Vorhängen. Die neuen Interventionen erfolgen mit einer klaren, unverwechselbaren Designsprache und zeitgenössischen Materialien. Die nachhaltig konzipierte Renovierung schafft so den räumlichen und sozialen Rahmen, um die Multihalle wieder zu einem aktiven Teil der Stadt zu machen.

„Eine räumliche und soziale Vision, die in Phasen organisiert und langfristig gedacht ist.“

Guillem Colomer,
COFO Architekten

Die Multihalle sollte einst das lebendige Zentrum der Nachbarschaft werden. Dies ist jedoch nie eingetreten. Im Sinne Frei Otto stellen die Architekten der Büros COFO und PEÑA nun die Frage : „Was braucht die Gesellschaft wirklich?“ Um einen offenen Dialog mit den Nachbarn zu führen, setzt das Renovierungskonzept auf einen partizipativen Prozess, um die Multihalle von einem „Raum“ in einen „Ort“ zu verwandeln. Guillem Colomer: „Es ist wichtig, die einzigartige Chance zu erkennen, die die neue Multihalle darstellt – für die Nachbarschaft, für Mannheim und für die gesamte Region.“

Das Architekturbüro COFO Architekten wurde 2015 von Guillem Colomer gegründet und entwickelt mit Standorten in Rotterdam und Barcelona in offenen kreativen Prozessen außergewöhnliche Architekturlösungen. Das Büro entwickelt individuelle architektonische Konzepte – abgestimmt auf den spezifischen Kontext und die Bedürfnisse lokaler Communities. Besonderer Wert wird dabei auf Partizipation und die Mobilisierung gemeinschaftlicher Kräfte gelegt.

Weitere Informationen:
https://cofoarchitects.com/

2019

Expert*innen-Jury definiert Leitlinien
für die Zukunft der Multihalle

Die Resonanz auf den Ideenwettbewerb „MULTIHALLE – DEMOCRATIC UMBRELLA“ ist noch höher als erwartet: Zum Ablauf der Abgabefrist am 15. Februar 2019 gehen 53 Einreichungen aus aller Welt fristgerecht ein. Die Teilnehmer – etablierte Architekt*innen, aber auch junge Architekturbüros, Architektur-Absolvent*innen und Studierende – kommen nicht nur aus Deutschland und vielen europäischen Ländern, sondern auch aus Ländern wie den USA, Russland, Malaysia, Ägypten und Uganda. Die Bandbreite der eingereichten Arbeiten reicht von minimalinvasiven Eingriffen im Sinne eines Ausbaus des Rohbaus über eine Möblierung bis hin zu Haus-im-Haus-Konzepten.

Unter Vorsitz von Peter Schmal, Direktor des Architekturmuseums Frankfurt und Prof. Georg Vrachliotis, Architekturtheoretiker am Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau in Karlsruhe, verständigt sich die Jury bei einem zweitägigen Meeting über die Leitlinien für die Entwicklung der Multihalle.

Im Laufe der intensiven Jurydiskussion verfestigt sich die Position, dass die Erlebbarkeit des Schirms – die Mannheims Baubürgermeister Lothar Quast als „Fortsetzung der Parklandschaft mit anderen Mitteln“ beschreibt – auch in Zukunft die Multihalle prägen sollte. Die Denkmalpflege plädiert dafür, die Eingriffe möglichst minimalinvasiv zu halten und die Einbauten möglichst klein zu halten. Dennoch sollte kein Denkmal entstehen, sondern ein „lebendiger Ort“ so Jurymitglied Jan Knippers.

Der Juryvorsitzende Peter Schmal formuliert, dass es darum gehe, das „Schirmartige der Halle“ herauszustellen. „Im Laufe der Auseinandersetzung mit den eingereichten 50 Arbeiten wurde deutlich, dass das Wesen einer Kathedrale der Moderne – der spektakuläre Innenraum – auch in Zukunft das Herz der Halle sein sollte“, so Jurymitglied Fritz Auer, ein Zeitgenosse von Frei Otto und Mitbegründer des Architekturbüros Auer & Weber.

„Die Multihalle ist in den vergangenen drei Jahren zu einem Symbol für einen städtischen Transformationsprozess geworden“, sagt der damalige Mannheimer Baubürgermeister Lothar Quast. „Das große Engagement, das sie generiert, macht es möglich, sie als Ort sozialer Interaktion, des kulturellen Engagements und der Partizipation im lokalen und internationalen Maßstab zu entwickeln.“

Aus den 53 eingereichten Arbeiten wählt die Jury schließlich drei gleichwertige Preisträger aus, die sich über ein Preisgeld in Höhe von jeweils 7.000 Euro freuen dürfen:

Die Arbeit „Hallen Allee“, ein Gemeinschaftswerk der Architekten Guillem C. Colomer (COFO Architects) und Gabriel R. Pena (PENA architecture) aus Rotterdam, bringt nach Ansicht von Prof. Georg Vrachliotis „den Optimismus der BUGA 1975 ins 21. Jahrhundert“. Sie zeichnet sich durch einen sehr umfassenden innen- und außenräumlichen Ansatz aus, der die BUGA 75 programmatisch und formal in die Zukunft spiegelt. Hier mehr erfahren

Die Arbeit „Kulti Multi“ der Architekten Christopher Rotman und Daniel Wilken aus Aachen beschreibt ein breites Spektrum an innovativen Möglichkeiten des Innenausbaus.

Die Arbeit „Multimobilhalle Mannheim“ eines interdisziplinären Teams mit Till Schweizer, Daniel Gornik, Marcel Heller, Konrad Otto Zimmermann, Dr. Christina West und Malte Schweizerhof überzeugt die Jury mit großen Stärken im landschaftsplanerischen Bereich.

 

Über die Siegerentwürfe hinaus wurden auch zwei Ankäufe in Höhe von jeweils 1.500 Euro beschlossen:

>  Die Arbeit „Plug & Play“: von Otto Closs, Lukas Bernhardt, und Peter Wichmann

>  „Zurück in die Zukunft Multihalle“ von Nikolas von Schwabe

mehr erfahren zum Wettbewerb

Kooperativer Workshop
zur Weiterentwicklung

Die weitere Bearbeitung der prämierten Arbeiten erfolgt im Rahmen eines kooperativen Workshopverfahrens, aus dem die Arbeit des Büros COFO+ PEÑA aus Rotterdam als jene mit dem größten Entwicklungspotential und der höchsten architektonischen Qualität ausgewählt wird.

Dazu Tatjana Dürr, Referentin für Baukultur der Stadt Mannheim und Mitglied der Jury:

„Der Wettbewerbssieger COFO+ PEÑA ist ein Glücksfall für das Projekt, da das Büro in der Lage ist, über die Architektur einen Mehrwert auf der sozialen Ebene des Projektes zu liefern. Mit Erfahrungen aus Placemaking-Projekten in Rotterdam, wird COFO+ PEÑA auch in die baukulturelle Entwicklung der Multihalle einbezogen – wie zum Beispiel bei der Revitalisierung des Eingangspavillons.“

2018

SLEEPING BEAUTY – Rethinking Frei Otto’s Multihalle

Die „schlafende Schönheit“ Multihalle erwacht zu neuem Leben: Bei der 16. Architekturbiennale in Venedig beleuchtet die Ausstellung SLEEPING BEAUTY – Rethinking Frei Otto’s Multihalle den Entstehungsprozess des architektonischen Meisterwerks – und seine Wiederentdeckung als Symbol einer urbanen Mannheimer Zukunftsvision.

BÜRGERTAGE MULTIHALLE

Vom 26. bis 28. September wird die Multihalle zu einem Ort des Austauschs, des Denkens und des Miteinanders – für eine gemeinsame Zukunft. „Multihalle und Herzogenried freidenken“ lautet das Thema der ersten Mitmach-Tage für alle Bürgerinnen und Bürger. An drei Tagen – bei der Stadtteilkonferenz „Herzogenried freidenken“, beim UrbanUtopiaLAB „Unsere Multihalle freidenken“ und bei der Präsentation der Ergebnisse, sind die Veranstaltungen gut besucht. Ideen zur Zukunft des Quartiers Herzogenried und der Multihalle werden in Arbeitsgruppen vorgestellt, und die Veranstalter ziehen ein positives Resümee der BÜRGERTAGE MULTIHALLE:

Lothar Quast, der Mannheimer Bürgermeister für Bauen, Planung, Infrastruktur, Stadterneuerung, Wohnungsbau, Verkehr und Sport: „Das zukünftige Nutzungskonzept der Multihalle wird wesentlich aus den Ideen der Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden. Ich freue mich sehr, dass das auf sehr konstruktive, kreative und auch emotionale Weise gelungen ist.“

Jennifer Yeboah, Quartiermanagerin Herzogenried: „Menschen, die sonst nicht an einem Tisch sitzen, haben zusammen diskutiert. In diesem Zusammenhang hat sich gezeigt, dass die Multihalle als offenes Bauwerk und als Symbol für eine offene Gesellschaft wunderbar funktioniert.“

Christina West, h_da – Hochschule Darmstadt/University of Applied Sciences und Urban Innovation – Stadt neu denken! e.V.: „Im Geiste eines Frei Otto und Carlfried Mutschler wurde intensiv, respektvoll und ideenreich diskutiert. Die Multihalle wird als Ort der Freiheit wahrgenommen, der erhalten bleiben soll. Sie soll ein Ort der Möglichkeiten bleiben, der sich unterschiedlich weiterentwickeln kann.“

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MULTIHALLE – DEMOCRATIC UMBRELLA:
Internationaler Ideenwettbewerb

Immer mehr Architekt*innen und Städteplaner*innen aus aller Welt werden auf Mannheims bedeutendstes modernes Baudenkmal aufmerksam. Aber welche Ideen und Visionen haben sie für die Nutzung der Multihalle im Sinne des Frei Otto’schen Denkens? Mit dieser Fragestellung lobt der Verein Multihalle Mannheim e.V. im Jahr 2018 mit dem Bund Deutscher Architekten BDA Baden-Württemberg und der IBA Heidelberg den internationalen Ideenwettbewerb „MULTIHALLE – DEMOCRATIC UMBRELLA” aus.

2017

Nutzungsworkshop und Expert*innengespräche

Im Frühjahr 2017 initiiert die Architektenkammer Baden-Württemberg einen gemeinsam mit der Stadt Mannheim durchgeführten zweitägigen Nutzungsworkshop in der Multihalle. Vertreter*innen unterschiedlicher Disziplinen treffen sich, um Lösungsansätze für die Sanierung und für zukünftige Nutzungen zu entwickeln.

Im Juni 2017 beschließt der Mannheimer Gemeinderat, dass bis Ende 2019 die Finanzierung der Sanierung sowie die Entwicklung des Nutzungskonzepts geklärt sein soll. Rund die Hälfte des erforderlichen Budgets soll sich aus Förderungen, Spenden und weiteren Drittmitteln zusammensetzen.

Im Oktober 2017 werden die Instandsetzungsmaßnahmen im Rahmen eines internationalen Expertengesprächs unter Federführung der Ingenieurkammer Baden-Württemberg und Präsident Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann diskutiert. Die Handlungsempfehlung an die Stadt Mannheim:

„Vor dem Hintergrund der bisherigen Planung und der Diskussionen im Expertenkreis sind unseres Erachtens die bisher vorgebrachten Instandsetzungsmaßnahmen zielführend und sollten in dieser Form weiterverfolgt werden.“

Prof.Dr.-Ing. Stephan Engelsmann

Gründung des „Verein Multihalle e.V.“

Um die Entwicklung voranzutreiben, Partner und Unterstützer zu finden und die nötigen Drittmittel für die Sanierung einzuwerben, gründet die Stadt Mannheim gemeinsam mit der Architektenkammer Baden-Württemberg den „Verein Multihalle e.V.“. Dieser widmet sich dem baulichen Erhalt und dem dauerhaften Bestand der denkmalgeschützten Multihalle – in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen der Stadt.

URBAN THINKERS CAMP

Im Oktober 2017 kommen Studierende und Professoren aus der Region und lokale Akteure beim „Urban Thinkers Camp“ zusammen, um die Multihalle als „Denkraum für Zukunftsthemen“ zu entwickeln. In interdisziplinären Arbeitsgruppen entstanden fundierte Konzepte, die das Projekt Multihalle beim Urban Thinkers Campus am 21. Oktober im Mannheimer Stadthaus in einen stadtentwicklungspolitischen Zusammenhang setzen.