EUTOPIA.works

Ein Open Government-Labor
zur digitalen Zukunft in der Multihalle

Was passiert in einem „Open Government-Labor“ in der Multihalle, wenn 80 Experten zwei Tage lang über Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung oder gemeinwohlorientierte Künstliche Intelligenz diskutieren? Wir haben bei Veranstalter Oliver Rack nachgefragt.

 

Bevor wir uns über die Ergebnisse des Labors unterhalten – was bedeutet eigentlich der Begriff „Open Government“?

„Open Government“ ist eine Kulturtechnik zur Stärkung von gegenseitigem Vertrauen und Innovation. Es geht um Transparenz und um die Zusammenarbeit von öffentlichen Institutionen mit der Zivilgesellschaft, mit Wissenschaft und Wirtschaft. Das Ziel ist, dass staatliche Institutionen und Dienste durch Offenheit mehr geschätzt werden. Ein zentrales Element sind offen zugängliche Informationen, also „Open Data“ – personenbezogene Daten natürlich ausgenommen. Seit 2016 nimmt Deutschland an der Open Government Partnership (OGP) teil, ein globales Netzwerk, das unter anderem von Barack Obama ins Leben gerufen wurde.

Und was hat das mit Nachhaltigkeit zu tun?

Wir sind als Akteure des Open Government insbesondere dem UN-Nachhaltigkeitsziel 16 verschrieben: „Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern“. Schließlich wollen wir helfen, Demokratie und Staat als grundlegendes „Betriebssystem“ unserer Gesellschaft zu stärken und somit nachhaltig zu machen. Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen sind Herausforderungen, die gemeinsam besser gelöst werden können.

Wieso fand dieses „Open Government“-Labor in der Multihalle statt? Kein Zufall, oder?

Wir sind sehr froh, dass uns die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien und die Stadt Mannheim dieses Labor in der Multihalle ermöglicht haben. Denn sie eignet sich dafür hervorragend: als Raum und Symbol für eine offene Gesellschaft, die europäische Stadt und als frühes Experiment für Nachhaltigkeit durch ressourcenschonenden Leichtbau. Ein solches „Open Government“-Labor können wir uns hier dauerhaft vorstellen. Wir freuen uns auch, dass uns die Digitalakademie Baden-Württemberg und die Bertelsmann Stiftung und alle Teilnehmer inhaltlich unterstützt haben. Denn so funktioniert Fortschritt: Alle bringen Kompetenz ein, dann entsteht Wissen, das wieder verteilt wird.

Und was genau sind die Ergebnisse der zweitägigen Laborarbeit mit 80 Experten?

Eine der Fragestellungen lautete: Wie können Digitalisierung und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen besser zusammenwirken, um unsere planetaren Lebensgrundlagen zu sichern? Ein Ergebnis der Workshops war, dass die Bereitstellung von „Open Data“ der öffentlichen Institutionen, insbesondere zu Nachhaltigkeitsindikatoren, als digitale Daseinsvorsorge verstanden werden muss.

Wie soll das funktionieren?

Die Daten können in Monitoring-Systeme einfließen, die Entscheidungen zur Stärkung von Nachhaltigkeit wesentlich unterstützen, aber auch von allen überprüfbar machen. Wir haben zudem darüber beraten, in welche Arbeitspapiere und Referenzarchitekturen dieser Aspekt im Weiteren stärker integriert werden muss.

Welche Rolle spielt dabei das Thema Künstliche Intelligenz?

Im Bereich Künstliche Intelligenz verdichten sich Sorgen, dass sich diese Entwicklung der gesellschaftlichen Mitbestimmung entzieht. Das ist noch ein junges Thema, und es ist schwer, dafür Experten zu finden, die dabei helfen können, zwischen Esoterik und Fakten zu trennen. Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz muss in der öffentlichen Verwaltung viel mehr gestärkt werden, um auf Augenhöhe mit der Entwicklung im privatwirtschaftlichen Bereich zu kommen.

Und wie muss sich Künstliche Intelligenz entwickeln, damit sie für das Gemeinwohl nutzbar wird?

Hier stand die Überlegung im Raum, einen Prozess zu einer „offenen Künstlichen Intelligenz“ anzustoßen. Als Prozessfeld wurde die öffentliche Verwaltung vorgeschlagen, da sie dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Das Problem ist allerdings: Zu etlichen digitalen Verwaltungsprozessen sind noch keine rechtlichen Grundlagen geschaffen. Aber das ist die Voraussetzung für eine Automatisierung in der Verwaltung – zum Beispiel mit Chatbots für Bürger oder automatische Bescheide.

Und was ist das Fazit des Labors in Bezug auf die Zukunft der Multihalle?

Themen wie die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung sind für viele Bürger sehr weit weg und nicht besonders „sexy“. Damit Menschen zusammenkommen, um an Zukunftsthemen zu arbeiten, braucht es inspirierende Orte, an denen es Spaß macht, sich zu auszutauschen. Die Multihalle besitzt die geeignete inhaltliche Symbolik – und das hat sich bei EUTOPIA.works wieder deutlich gezeigt.

Interview: Ralf Laubscher / LA.MAG
Bilder/Video: CC – by Arthur Bauer

Im Rahmen der Veranstaltungsareihe EUTOPIA MULTIHALLE tagten vom 13. bis 14.05.2019 rund 80 Expert*innen aus Wissenschaft, öffentlicher Verwaltung, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Wirtschaft in der Multihalle. Eingeladen hatte die Teilnehmer aus ganz Deutschland Politics for Tomorrow, ein Netzwerk aus Experten für offene Politikgestaltung und Innovationen im öffentlichen Sektor sowie Open Government in Kooperation mit der Digitalakademie@bw, eine Bildungsinitiative der Landesregierung unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände, der Führungsakademie Baden-Württemberg, dem baden-württembergischen kommunalen IT-Dienstleister ITEOS und Fraunhofer IAO .

http://EUTOPIA.works

Das Veranstaltungsprogramm EUTOPIA MULTIHALLE ist eine Eventreihe für alle Bürger der Stadt. Mit Kultur, Musik, Workshops und Aktionen wird die Multihalle auch in diesem Sommer in die Zukunft entwickelt ‒ im Sinne des Architekten Frei Otto als Plattform für eine offene demokratische Gesellschaft. EUTOPIA MULTIHALLE wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Förderprogramm „Europäisches Kulturerbejahr – Sharing Heritage.

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