Die Architekten:
Frei Otto und Carlfried Mutschler

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Die Multihalle ist ein gemeinschaftliches Projekt von Frei Otto und Carlfried Mutschler – dieser war mit seinem Büro Carlfried Mutschler + Partner gemeinsam mit dem Gartenarchitekten Heinz H. Eckebrecht mit der Gesamtgestaltung der Parkanlagen für die Bundesgartenschau 1975 betraut. Zur Entwicklung des Baus im Herzogenriedpark holte er sich Frei Paul Otto (1925–2015) zur Unterstützung hinzu; keine unübliche Vorgehensweise, denn Otto war vor allem Theoretiker und Vordenker. Viele seiner Bauwerke sind in Kooperationen entstanden, er selbst bezeichnete sich vor allem als Ideengeber: „Ich habe wenig gebaut. Ich habe viele ,Luftschlösser’ ersonnen.“

Ottos Lebensthema war das Bauen mit minimalem Materialeinsatz. Seine Entwürfe sind geprägt von biomorphen Formen im Leichtbau, zum Einsatz kommen Seilnetze und Gitterschalen, die aus Zug und Gegenzug filigrane Tragestrukturen schaffen und damit wegweisend für viele zeitgenössische Baumeister geworden sind, die weg vom modernistisch-kubischen Bauen streben. Mehr noch, in den leichten und flexiblen Entwürfen kommt auch die Hoffnung auf eine neue, offene Gesellschaft zum Ausdruck: Architektur ist für Frei Otto – sein Taufname „Frei“ ist maßgeblich für sein Denken geworden – mehr als nur ein funktionales Errichten von Gebäuden. Vielmehr eröffnet sie für ihn die Chance, über ein nur-funktionales, nur-technisches Denken hinaus kulturelle und soziale Bedeutung zu entfalten.

Diese Haltung spiegelt sich auch in Ottos Entwurfsprozess wider. Zu einer Zeit, als die Computertechnologie noch nicht so weit entwickelt war, erforschte er mit Modellen und Experimenten natürliche Strukturen und Formen, die er in seine organischen Bauten übertrug. In diesem Sinne war Otto weniger „Schöpfer“ als vielmehr „Finder“ innovativer Formen des Bauens: So dienten ihm etwa Äste und Bäume ebenso zur Inspiration wie Seifenblasen oder Spinnweben, um die statischen Möglichkeiten der Architektur auszuweiten. Er legte damit die Grundlage für eine bis heute relevante Experimentalkultur. Die Multihalle verkörpert diese Haltung wie kein zweites Gebäudes des 20. Jahrhunderts.

Frei Ottos umfangreicher Werknachlass befindet sich im Südwestdeutschen Archiv für Architektur in Karlsruhe (saai). Dieses zeigte im Winter 2016/2017 im ZKM Karlsruhe die bislang größte Ausstellung zu seinem Oeuvre – Frei Otto. Denken in Modellen – kuratiert von Prof. Georg Vrachliotis, in Kooperation mit der Wüstenrot Stiftung.

»Ich habe wenig gebaut. Ich habe viele ,Luftschlösser’ ersonnen.«

Frei Otto

Carlfried Mutschlers (1926–1999) Schaffen hat Mannheims Stadtlandschaft maßgeblich geprägt. Von ihm entworfen sind etwa die Erweiterung des Reiß-Engelhorn-Museums, das Mannheimer Stadthaus, das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, die Wohnanlage Herzogenried-Siedlung sowie diverse Schulen und Kirchen in der Stadt. Mutschlers Werk war zunächst mit klaren Linien, Kanten und Sichtbeton deutlich von seinem Studium bei Egon Eiermann in Karlsruhe geprägt. In den 1950er-Jahren jedoch sorgte die Begegnung mit dem expressionistischen Bauen von Hans Scharoun und Hugo Häring für einen Wandel in seinem Schaffen. Als gebürtiger Mannheimer blieb Mutschlers Lebensmittelpunkt trotz seiner Lehrtätigkeiten in Stuttgart und Frankfurt stets in der Quadratestadt.

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